Suicide Stream

Die Technik ist eine von Menschen geschaffene Welt, die Einfluss auf den ganzen Planeten und sogar darüber hinaus hat. Ganz besonders das Internet eröffnet Möglichkeiten jenseits von Gut und Böse, die wir uns vor 20 Jahren nicht mal im Traum hätten einfallen lassen.

Zum Beispiel einen Suizid live zu streamen.
Ich weiß nicht was Menschen dazu bewegt ihren Freitod vor Zuschauern, zu vollziehen. Vielleicht wollen sie eine Message hinterlassen. Vielleicht wollen sie unvergessen bleiben. Vielleicht wollen sie einfach in ihrer dunkelsten Stunde nicht allein sein.

Suizide vor der Kamera gab es bereits in den 70ern/80ern. Leute wie Budd Dwyer oder Christine Chubbuck schossen sich vor laufender Kamera, live im Fernsehen, eine Kugel in den Kopf.

Die Reaktionen der "Zuschauer" sind unterschiedlich: Manche wollen den oder die Betroffene davon abhalten, andere spornen sie an.



Stephen a.k.a. LOLdoge a.k.a. Dakota J. Moore hier zum Beispiel kündigte seinen Selbstmord auf 4chan an.

(Anmerkung: "an hero" ist ein "running gag" für einen Selbstmord. Basierend auf einer Geschichte, in der ein Junge sich umbrachte und seine Klasse eine MySpace Seite für ihn einrichtete. Auf der sie einen Grammatikfehler mit einbaute indem sie ihn "an hero" nannte)

Vor laufender Kamera spülte er eine Handvoll Pillen mit Wodka runter. Anschließend entfachte er mit Hilfe des Toasters ein Feuer und legte sich unter sein Bett. Nach einer Weile war er weggetreten, man konnte nur noch Rauch erkennen. Kurze Zeit später konnte man die Arme eines Feuerwehrmannes erkennen, der Dakota hinausbrachte. Er überlebte, wird aber jetzt im Internet als "Toaster-Steve" bezeichnet.



Eine sehr tragische Geschichte ist die von Katelyn Nicole Davis. Sie war Teil einer Familie die man als "White Trash" bezeichnen würde. Sie lebte in einer kaputten Wohnung (oder einem Wohnwagen) in der das Wasser aus den Wänden lief. Ihre Mutter rief eine Spendenkampagne im Internet auf, da sie die Reparaturen nicht bezahlen konnte.

Auf einem Blog führte sie Tagebuch und man erfuhr von ihren schweren Problemen. Von ihren Schmerzen. Ihren Depressionen. Wie ihr Stiefvater sie körperlich und seelisch schwer misshandelte.

Er schlug sie. Meistens mit einem Nietengürtel, mit dem er genau drauf achtete, dass die Nieten sie trafen. Bis sie blutete. Er versuchte sie zu vergewaltigen. Als sie ihn bat nicht so pervers zu ihr vor ihren kleinen Geschwistern zu sein, antwortete er sie solle "sich aufhängen." Er beschimpfte sieandauernd, nannte sie "wertlose Hure" und, dass sie sich endlich umbringen sollte.

Eines Tages wurde ihr mitgeteilt, dass sie bei der National Leaders Association for young leaders aufgenommen wurde. Der Verband wollte ihr helfen auf das College zu kommen. Doch ihr Stiefvater teilte ihr mit, dass sie sowieso "zu blöd" dafür sei, und verbrannte den Brief vor ihren Augen.

Manchmal übertrug sie ihren Alltag per Livestream. Dort sah man, dass sie fast nur auf ihre kleinen Geschwister aufpassen musste. Ihre Mutter meckerte nur an ihr rum.

Am 30. Dezember 2016 sendete sie von Facebook ihren letzten Livestream. Der Stream dauert ca. 40 Minuten. Die ersten zwanzig Minuten entschuldigt sie sich weinend. Für ihre Existenz, für ihren Suizid, einfach alles. Dann sieht man sie sterben. Im Hintergrund beginnt es langsam zu dämmern. Die restlichen 20 Minuten sieht man ihren Körper im schwindenden Licht baumeln. Zwischendurch hört man ihr Handy klingeln. Jemand im Hintergrund ruft immer wieder ihren Namen. Irgendwann ist es dunkel und der Stream endet.

Ihre Mutter blieb mit ihrem Stiefvater weiterhin zusammen. Auf ihrem Facebook-Titelbild war "I'm married with my best friend" zu lesen. Drunter stand “You mess with my kids u gonna get ur tail whipped. My husband and children are my life.”

Im Internet gab es einen Aufschrei, man solle ihr die anderen beiden Kinder wegnehmen.

Was daraus wurde weiß ich nicht. Auch nicht ,ob sie jetzt immer noch mit ihrem Mann zusammen ist.

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